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Stakeholder - Anspruchsgruppen

Anspruchsgruppen, Anforderer mit berechtigtem Interesse


Stakeholder

Ein Stakeholder ist eine Person, Personengruppe oder Organisation,

  1. die aktiv am Prozess/Projekt beteiligt ist (= Prozessmitglied/Projektmitglied, Projektbeteiligter) und/oder den Verlauf und das Ergebnis aktiv mitgestaltet,
  2. die passiv am Prozess/Projekt beteiligt ist und/oder vom Verlauf oder dem Ergebnis beeinflusst wird,
  3. die gegebenenfalls den Prozess-/Projektverlauf oder das Ergebnis beeinflussen kann.

Stakeholder

Abbildung Stakeholder (Bildquelle = PMI)

Der Stakeholder ist einer der zentralen Figuren für den Erfolg eines Projekte. Das Wort Stake bedeutet so viel wie Anspruch oder Anteil, holder bedeutet Besitzer oder Eigentümer. Ein Stakeholder hat also ein Interesse am Verlauf oder Gelingen des Projekts, da sein oder ihr Einsatz auf dem Spiel steht. Andere Ausdrücke sind Interessenten, Projektbetroffene, Anspruchsträger oder Interessenträger. Doch nicht nur natürliche Personen wie Kunden, Mitarbeiter oder Manager des herstellenden Unternehmens, die ein System später nutzen, können Stakeholder sein. Auch juristische Personen, Institutionen und ähnliche können ein Interesse am System haben.

Es gibt viele Personen, Gruppen, Organisationen und Institutionen, die von den Aktivitäten einer Organisation direkt oder indirekt betroffen sind oder die irgendein Interesse an diesen Aktivitäten haben. Alle diese Anspruchsträger bzw. Anspruchsgruppen werden als Stakeholder bezeichnet.

Project stakeholders are people (or groups) who can affect, be affected by, or believe to be affected by the activities carried out during a project’s lifecycle and/or by its output(s) and outcome(s). Stakeholders can be directly involved in a project’s work, members of other internal organisations or external to the organisation (e.g. contractors, suppliers, users or the general public).

Stakeholder ist nicht gleich Stakeholder. Menschen sind unterschiedlich, Stakeholder sind unterschiedlich. Ein Kunde an einer Kinokasse ist möglicherweise bereit, zwei Minuten in der Schlange zu warten, bis er sein Ticket bezahlen kann. Ein Kunde im Online-Shop des Kinos würde dies nie akzeptieren und das Ticket vermutlich dann gar nicht kaufen. Im Rahmen der Stakeholderanalyse müssen Unternehmen

  • die relevanten Stakeholder und ihre Erwartungen, sowie
  • die Einflussmöglichkeiten der relevanten Stakeholder und
  • die damit verbundenen Chancen und Risiken erkennen.

Die Aufgabe der Stakeholder-Analyse ist es, die relevanten Stakeholder für ein Unternehmen, ein Projekt oder ein Produkt oder Anforderung zu ermitteln. So könnte es beispielsweise folgende Stakeholder geben:

Externe Stakeholder

  • Kunden des Unternehmens/Organisation
  • Wettbewerber, Mitbewerber
  • Lieferanten und Kooperationspartner
  • Kapitalgeber (wie Eigentümer, stille Teilhaber, Banken, Aktionäre )
  • Verbände, Gewerkschaften und Verbraucherorganisationen
  • Behörden, Gesetzgeber, Politik
  • Sonstige externe Stakeholder

Interne Stakeholder

  • Stakeholder im Management-Prozessbereich
    • Geschäftsführer
    • (Bereichs-/Abteilungs-)leiter
    • Manager
  • Stakeholder im Leistungs-Prozessbereich
    • CRM - Customer Relationship Management (Vertrieb / Verkauf, Service, Support)
    • SCM - Supply Chain Management (Produktion)
    • PLM - Product Lifecycle Management (Produktmanagement, Entwicklung)
  • Stakeholder im Service-Prozessbereich (Mitarbeiter)
    • FC - Finanzen und Controlling
    • HR - Personalmanagement
    • QM - Qualitätsmanagement
    • RM - Risikomanagement
    • ...

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Stakeholder sind von entscheidender Bedeutung bei Systementwicklung, Projektmanagement und Anforderungsanalyse, denn sie sind unter anderem die wichtigste Quelle für Anforderungen. Wird ein Stakeholder übersehen, sind die Anforderungen (die ja die Basis für das zu entwickelnde System sind) unvollständig oder fehlerhaft. Das Resultat sind unvollständige, nicht performante oder unbrauchbare Systeme und Produkte, die nicht oder nur schlecht funktionieren.

Was passiert, wenn Sie Stakeholder ignorieren?

Ihr Projekt wird scheitern. Vielleicht merken Sie es zunächst gar nicht, weil alle Beteiligten fleißig und munter arbeiten, Aufgaben lösen und ihre Vorgaben erfüllen. Doch irgendwann werden Sie und andere ganz sicher zur Einsicht kommen müssen, dass Ihr Projekt am Ziel vorbeiarbeitet. Logisch – wenn man das Ziel nicht kennt, gibt es auch keinen Weg, der dorthin führt. Denn wer Stakeholder ignoriert

  • weiß nicht, was überhaupt entwickelt werden soll,
  • erkennt Probleme im Projekt nicht,
  • vernachlässigt die, die ein berechtigtes Interesse am Gelingen des Projekts haben,
  • verpasst Chancen, das Projekt zu verbessern, zu stabilisieren oder sogar zu retten und
  • erkennt nicht, wenn das Projekt akut vom Scheitern bedroht ist.

Hintergrund

Die Definition des Begriffs „Stakeholder“ durch den PMBOK Guide 2008 stimmt im wesentlichen mit der Definition des Begriffs „Interested Parties“ der ICB 3.0 und der Definition des Begriffs Projektbeteiligte der DIN 69901-5 überein. Demzufolge ist ein Stakeholder (Projektbeteiligter, Interessensgruppe, Anspruchsgruppen, Interessierte Partei):

  • eine Person, Personengruppe oder eine Organisation,
  • die aktiv am Projekt beteiligt ist (= Projektmitglied) oder durch den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflusst wird,
  • die gegebenenfalls den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflussen kann.

Die DIN 69901-5:2009 verwendet den deutschen Begriff „Projektbeteiligte“ anstatt des weiter verbreiteten Begriffs „Stakeholder“. Die Definition ist aber deckungsgleich mit der des PMBOK Guides und der ICB 3.0, die in Einklang mit der ISO zusätzlich den Begriff „Interested Parties“ bzw. „Interessengruppen / Interessierte Parteien / Anspruchsgruppe verwendet. Ein Projektbeteiligter ist eine Person, Personengruppe oder eine Organisation,

  • die aktiv am Projekt beteiligt ist (= Projektmitglieder)
  • und/oder den Projektverlauf und das Projektergebnis aktiv mitgestaltet.
  • die passiv am Projekt beteiligt ist
  • und/oder vom Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflusst wird.
  • die gegebenenfalls den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflussen kann.

In weiterem Verlauf werden wir primär den Begriff Stakeholder verwenden.

Wer Stakeholder eines Projektes ist, kann nicht allgemein und im vorhinein definiert werden. Vielmehr ist es Aufgabe des Projektmanagers, zu Beginn des Projekts innerhalb der Projektumfeldanalyse bzw. der Projektkontextanalyse auch eine Stakeholder-Identifikation und eine Stakeholderanalyse durchzuführen. In deren Rahmen wird abgegrenzt, welche Personen und Organisationen zu den Stakeholdern gerechnet werden und welche außer Betracht bleiben. Wir nennen das auch den „sozialen Kontext“ eines Projekts beschreiben und verstehen. Ein Ergebnis der Projektumfeldanalyse ist das Projektstakeholderverzeichnis.

Unzweifelhaft gehören Projektleitung, Projektteam, Projektauftraggeber, Auftragnehmer, Projektsponsoren und Kapitalgeber zu den Stakeholdern. Sinnvoll ist es, auch die späteren Benutzer des Projektergebnisses als Stakeholder zu betrachten. Die Stakeholder können ihrerseits zu Gruppen zusammengefasst werden, beispielsweise als interne und externe Stakeholder oder hinsichtlich ihrer Beziehung zum Projekt. Im Projektverlauf muss dann versucht werden, die Anforderungen der zu Beginn des Projekts definierten Stakeholder zu erfüllen. Insbesondere müssen die Stakeholder vorrangig Informationen über den Projektverlauf erhalten. Umgekehrt muss die Möglichkeit bestehen, dass sich die Stakeholder gegenüber dem Projekt artikulieren können. Die Behandlung der oftmals widersprüchlichen Anforderungen der Stakeholder kann zur schwierigsten Problemstellung im Projekt werden.

Die ICB 3.0 widmet dem Stakeholdermanagement das Kompetenzelement „Interested Parties“ („Interessengruppen / Interessierte Parteien“). Dieses wird im Lehrbuch PM3 ausführlich behandelt. Abzugrenzen ist der Begriff Projektmitglied – Projektteilnehmer.

Stakeholder vs. Shareholder

Neben dem Begriff der Stakeholder gibt es auch die sogenannten Shareholder. Beide Begriffe verstehen Unternehmen als Grundlage für ihr Handeln. Während der Stakeholder-Ansatz das Ziel verfolgt, die Ansprüche aller relevanten Interessengruppen bestmöglich zu erfüllen, zielt der Shareholder-Ansatz auf die wirtschaftlichen Interessen und Erwartungen der Anteilseigner des Unternehmens ab. Vorrangige Ziele sind hier die Maximierung von Umsätzen und Gewinnen der Anteilseigner, bspw. durch Steigerung des Aktienkurses. Die Interessen weiterer Stakeholder werden zwar nicht explizit ausgeschlossen, sie werden aber nur dann berücksichtigt, sofern eine positive Wirkung auf den Unternehmenserfolg zu erwarten ist. Auch wenn gerne börsennotierte, amerikanische Unternehmen als typische Beispiele für den Ansatz des Shareholder Values genannt werden, ist es in der Praxis üblich, beide Ansätze parallel zu verfolgen. Dies liegt daran, dass Unternehmen weder in der Lage sind, sich ausschließlich auf die Interessen der Shareholder zu konzentrieren, noch die Ansprüche aller Stakeholder zu erfüllen.