Dokumentenlenkung
Document Control
Was ist Dokumentenlenkung?
Hinter dem Begriff Dokumentenlenkung verbirgt sich die Festlegung, auf welche Art und Weise Dokumente innerhalb einer Organisation oder eines Unternehmens erstellt, bearbeitet, geprüft, freigegeben und verteilt werden.
Einfacher gesagt geht es um den Lebenszyklus eines Dokuments, von der Erstellung, über die Revisionierung bis hin zur Archivierung. Innerhalb der Dokumentenlenkung ist festgelegt, wie Dokumente und ihre Revisionen eindeutig nachvollzogen und gekennzeichnet werden.
Alle Informationen, die in einem Qualitätsmanagementsystem dokumentiert werden müssen, werden in Bezug auf die ISO 9001:2015 als dokumentierte Information bezeichnet. Es handelt sich um einen Sammelbegriff, unter den Dokumente, Daten, externe Dokumente, Formulare, Checklisten, Aufzeichnungen, Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen etc. fallen. Die dokumentierte Information kann sowohl in Papierform existieren, als auch elektronisch gespeichert und gelenkt werden
Was sind die Ziele der Dokumentenlenkung?
Informationen und Wissen sind heute immer häufiger das eigentliche Kapital eines Unternehmens. Wie aber kann dieses innerhalb des Unternehmens erzeugt, erhalten und weitergegeben werden? Hier kommt die Dokumentenlenkung ins Spiel.
Wer Dokumentenlenkung im Unternehmen etabliert, hat meist eine konsistente, normgerechte Dokumentation im Hinblick auf Prozesse und Verantwortlichkeiten als Ziel. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Mitarbeiter in Ihrer täglichen Arbeit durch die Lenkung der Dokumente unterstützt werden und die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bereitsteht.
Richtige Information zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.
Ziel ist außerdem, dass bei jedem Dokument (und jeder Revision) ersichtlich ist:
- Wer das Dokument wann erstellt,
- wer das Dokument zu welchem Zeitpunkt bearbeitet,
- wer das Dokument wann geprüft,
- durch wen das Dokument wann freigegeben,
- an wen das Dokument verteilt
- und von wem die Kenntnisnahme bestätigt wurde.
Für das Qualitätsmanagement und das Prozessmanagemenet entsteht so eine nachvollziehbare Struktur an Dokumenten.
Was sind Anforderungen an die Dokumentenlenkung?
Anforderungen an die Lenkung von Dokumenten werden direkt in den entsprechenden Normen, wie der DIN EN ISO 9001, formuliert.
Um diesen nachzukommen, sind folgende Fragen relevant:
- Hat jeder Anwender ggf. auch standortunabhängig, Zugriff auf die für ihn relevanten Dokumente?
- Wie werden eine lückenlose Revisionierung und Archivierung der Dokumente sichergestellt?
- Ist für eine Wiederauffindbarkeit der Dokumente gesorgt?
- Wie wird dafür gesorgt, dass Mitarbeiter immer nur auf die aktuell gültige Version eines Dokuments zugreifen?
- Kann die Dokumentenhistorie / Log-Aufzeichungen sauber nachvollzogen werden? Wie werden Änderungen zwischen Versionsständen sichtbar gemacht?
- Sind die Rollen des Dokumentenverantwortlichen, Erstellers, Bearbeiters, Prüfers, Freigebers und Empfängers klar geregelt?
- Können Dokumente und ihre Versionen über fortlaufende Revisionsnummern, Prüfungs- und Freigabedatum eindeutig identifiziert werden?
- Ist eine fortdauernde Lesbarkeit (mit den ensprechenden Anwendungen) garantiert?
- Werden gesetzlich geregelte Aufbewahrungsfristen und Aufbewahrungspflicht eingehalten?
Aufbewahrungspflichten für Unternehmen
Unter anderem sind gem. Bundesabgabenordnung darunter üblicherweise folgende Unterlagen zu verstehen:
- Bücher und Aufzeichnungen,
- Belege (Rechnungen, Bankbelege, Bankauszüge, Frachtbriefe, Abrechnungen, …),
- Geschäftspapiere (Schrift- und E-Mailverkehr),
- Monats- und Jahresbelege aus der Registrierkasse, Datenerfassungsprotokolle, Startbeleg,
- Inventurlisten,
- Unterlagen für Anlagenkäufe,
- Lohnverrechnungsunterlagen (Zeitaufzeichnungen, Urlaubsaufzeichnungen, Reisekostenabrechnungen usw.)
- sonstige Unterlagen, soweit sie für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind.
Die Aufbewahrung auf Datenträgern ist gestattet, wenn die vollständige, geordnete, inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist.
Was sind die Einsatzgebiete der Dokumentenlenkung?
Der Begriff „Dokumentenlenkung“ taucht klassischer Weise in Zusammenhang mit Qualitätsmanagement und der QM-Dokumentation auf. Dokumentenlenkung sowie das Dokumentenmanagement an sich werden aber auch in anderen Bereichen angewednet, wie dem Prozessmanagement, der IT, Wissensmanagement, usw. angewendet – letztlich überall, wo Dokumente im Umlauf sind.
Anwendungsbereiche sind neben dem Qualitätsmanagement
- Jegliche Managementsysteme, die sich an Normen orientieren, von der ISO 14001 oder ISO 17025 angefangen, über AZAV bis hin zu IFS und HACCP,
- Prozessmanagemenet
- Projektmanagement,
- Vertragsmanagement,
- Reklamations- und Beschwerdemanagement
- Risikomanagement,
- Document Compliance,
- Datenschutz
- IT-Informationssicherheit und IT-allgemein,
- oder auch Bereiche von der Produktion über das Marketing bis hin zum Vertrieb.
Was sind die klassischen Dokumentenlenkungsstufen?
Dass ein Dokument gelenkt wird, bedeutet, dass es für seine Überarbeitung verschiedene Prüf- und Freigabeschritte durchlaufen muss, bis eine neue Version gültig ist. Diese klassischen Lenkungsstufen sind
- die Bearbeitung (1. Stufe),
- die inhaltliche Prüfung (2. Stufe) und
- die formelle Prüfung (3. Stufe) und
- die Freigabe (4. Stufe)
- die nachweisliche Kenntnisnahme / Schulung (5. Stufe)
mit anschließender Verteilung des Dokuments. In jede der einzelnen Stufen können eine oder mehrere Personen involviert sein.
Geläufige Dokumentenlenkungsstufen sind:
- Ungelenkte Dokumente: Bearbeitung/neue Revision ohne Workflow möglich.
- 1-stufige Dokumente: Workflow mit Bearbeitung (1. Stufe).
- 2-stufige Dokumente: Workflow mit Bearbeitung (1. Stufe), Prüfung und Freigabe (2. Stufe).
- 4-stufige Dokumente: Workflow mit Bearbeitung (1. Stufe), Prüfung inhaltlich (2. Stufe), Prüfung formal (3. Stufe), Freigabe (4. Stufe).
- 5-stufige Dokumente: Workflow mit Bearbeitung (1. Stufe), Prüfung inhaltlich (2. Stufe), Prüfung formal (3. Stufe), Freigabe (4. Stufe) + Schulungsnachweise (5.Stufe).
Abbildung Dokumentenlenkung-Lebenszyklus-Dokument
Praxisbeispiel für Dokumentenlenkung im Unternehmen
Unser Beispiel-Unternehmen ist die platinus GmbH. Durch das letzte interne Audit im Fachbereich Prozessmanagement ergaben sich Änderungen und notwendige Verbesserungen, die den Prozess Projektmanagement betreffen. Zuständig für diesen Prozess ist in diesem Fall Mr. Project. Durch die Dokumentenlenkung für das Projektmanagemenethandbuch (PMHB) ist im Unternehmen genau festgelegt, welche Schritte das Dokument bis zur Freigabe der neuen Version durchlaufen muss. Die Prozessbeschreibung Instandhaltung ist als 3-stufiges Dokument definiert und durchläuft daher folgende Workflow-Schritte:
01 Workflow-Stufe 1 – Bearbeitung
Die Aufgabe von Mr. Project ist es, einen Workflow für die entsprechende, bereits existierende Prozessbeschreibung anzustoßen, diese im Process-Repository zu bearbeiten und dabei die notwendigen Änderungen einzufügen. Nachdem Mr. Project die Änderungen an der gelenkten Information bzw. Dokument vorgenommen hat, leitet er die überarbeitete Version an die zuständige Prüferin, in diesem Fall an die Rolle des Prozessauditors, weiter.
02 Workflow-Stufe 2 – Prüfung
Der Prozessauditor sichtet und prüft das Dokument nach der 3C.Methode (Completeness-Correcteness-Consitency). Falls ihr Unklarheiten oder notwendige Korrekturen auffallen, übergibt sie das Dokument nochmals zurück in die Stufe Bearbeitung. In unserem Fall ist sie zufrieden und leitet das Dokument zur Freigabe weiter.
03 Workflow-Stufe 3 – Freigabe
Für die Freigabe der neuen Revision der Prozessbeschreibung ist die Rolle des Prozessverantwortlichen verantwortlich. Sie prüft ebenfalls, ob die Prozessbeschreibung so veröffentlicht werden kann und bestätigt bei positivem Ergebnis anschließend die Freigabe. Es wird auch der Dokumenten-Produktionsprozess - ein Bestandteil des Konzepte Doc-as-Code - angestossen und die Metadaten für die Gültigkeit und Veröffentlicheungsdatum festgelegt.
04 Workflow-Stufe 4 - aktives Verteilung
Mit der Freigabe der neuen Revision wird die bisherige Version archiviert und entsprechend gekennzeichnet. Die neue, aktuell gültige Version der Prozessbeschreibung wird an jene Mitarbeiter verteilt, für die diese relevant ist. Für ein anstehendes Audit ist wichtig, dass genau nachverfolgt werden kann, welche Version der Prozessbeschreibung wann gültig war. Diese Funktion des Versionsmanagement ist vom Dokumentenmanagementsystem bereitzustellen. Für die einzelnen Workflow-Stufen (bspw. Bearbeitung) muss festgehalten werden, wer die entsprechende Stufe wann (Datum) durchgeführt hat. Diese Informationen können bei Einsatz einer Dokumentenlenkungs-Software in den Metadaten des Dokuments automatisch protokolliert werden. Außerdem sollten diese Informationen bestenfalls auch in der Fußzeile des Dokuments direkt ausgegeben werden. Werden die Dokumente in Papierform gelenkt, so werden diese Daten meist in einer separaten Excel-Tabelle händisch eingetragen und protokolliert.
05 Workflow-Stufe 5 - Bestätigung der Kenntnisnahme bzw. Schulung
Die Kenntnisnahme (oder je nach Bedarf der Schulungsnachweis) ist wichtig, damit der Proezssauditor dem Auditor vorlegen kann, dass die Mitarbeiter die neue Version der Prozessbeschreibung tatsächlich gelesen haben (bzw. zu den Inhalten geschult wurden). So eine Lesebestätigung kann per Unterschriftenliste oder per Log-Aufzeichungen von den einzelnen Mitarbeitern eingeholt werden. Die elegantere Variante ist die elektronische Lesebestätigung der Dokumentenlenkung.
Wie sieht der operative Dokumentenlenkungsprozess aus?
Der operative Dokumentenlenkungsprozess bezieht sich auf die Betrachung ALLER Dokumente in einem Auftrag und/oder Prozess.
Auslöser ist i.d.R der Aufrag die Dokumentation zu planen und umzusetzten. Bei der Lebenszyklusbetrachtung ALLER Dokumente kommen auch die Analyse der Dokumente in der Nutzungsphase als auch KVP-Maßnahmen als Beitrag zur laufenden Verbesserung dazu.
Abbildung: BPMN-Kollaborations-Diagramm zur Dokumentenlenkung (Quelle = platinus)
Fazit
Die Relevanz eines gut funktionierenden Dokumentenlenkungssystems nimmt in Zeiten von rofessionellem Wissensmanagement stetig zu. Eine normkonforme Dokumentenlenkung ermöglicht, dass jeder Anwender zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Informationen in aktuell gültiger Form zur Verfügung hat. Damit trägt Dokumentenlenkung direkt zu reibungslosen Prozessen und der Qualitätssicherung im Unternehmen bei. Normen wie die ISO 9001 geben dabei vor, welche Richtlinien und Vorgaben zu beachten sind.
Kommt man diesen Anforderungen händisch nach, ist der Aufwand und auch die Fehleranfälligkeit innerhalb der Prüf- und Freigabe-Workflows hoch. Entsprechende Softwarelösungen (modernes Dokumenten-Management-System, Versionsmanagemenet system wie GIT ) bieten hier die Möglichkeit, eine normgerechte und lückenlose Dokumentenlenkung mit integriertem Workflowmanagement in elektronischer Form zukunftsorientiert und effizient abzubilden.