Tier-Topologie
Der Standard zur Beurteilung von Rechenzentren
Redundanzen, die tatsächliche Verfügbarkeit und maximale Ausfallzeiten wurden nicht selten von Rechenzentrumsbetreibern mit werbewirksamen Worten verwischt. Auch die zunehmende Komplexität und Größe von Rechenzentren, sorgte rasch dafür, dass der Markt immer unübersichtlicher wurde. Das amerikanische „Uptime Institute“ setzte es sich daher zum Ziel, einheitliche Kriterien zu formulieren, um für eine bessere Transparenz und Vergleichbarkeit zu sorgen. Ende der 1990er Jahre publizierte das Unternehmen schließlich seine „Tier-Topologie“, die mittlerweile als international anerkannter Standard gilt. Jedes „Tier“ steht dabei für ein gewisses Level an Verfügbarkeit und Redundanzen in einem Rechenzentrum.
Insgesamt existieren vier verschiedene Tier-Klassen. Tier I ist die am wenigsten zuverlässigste Klasse. Tier IV gilt als die zuverlässigste Tier-Klasse und wird als hochverfügbar eingestuft. Einige Betreiber werben unter anderem mit Klassifizierungen wie „Tier III+“. Diese Zwischenstufen ergeben sich aus der Tatsache, dass der oft historisch gewachsene Aufbau eines Rechenzentrums nicht immer mit dem Tier-Standard vereinbar ist. Ein Tier III+ Rechenzentrum könnte zum Beispiel höhere Redundanzen im Bereich der Stromzuführung aufweisen, als es für diese Klasse nach dem offiziellen Standard nötig wäre. Es wäre faktisch ein Tier III Rechenzentrum, bietet aber in Teilbereichen die Vorteile und Sicherheiten eines Tier IV Rechenzentrums. Daher könnte durchaus auch ein Tier III+ Rechenzentrum Verfügbarkeiten jenseits der 99,99 % bieten.
Trotz dieser Zwischenstufen bietet Tier-Topologie einen einfachen und guten Überblick über die bauliche Auslegung eines Rechenzentrums. Zudem verdeutlicht sie, die zunehmende Verfügbarkeit je Tier-Klasse:
Tier | Verfügbarkeit | Durchschnittliche Ausfallzeit jährlich |
---|---|---|
I | 99,67 % | 28,8 h |
II | 99,75 % | 22 h |
III | 99,98 % | 1,6 h |
IV - hochverfügbar | 99,99 % | 0,8 h |
Redundanz
Mit Netz und doppelten Boden
Nicht nur um die Auswirkungen von ausgefallenen Komponenten abzufangen sind Redundanzen unerlässlich. Sie ermöglichen auch die Wartung einzelner Komponenten, ohne den laufenden Betrieb komplett einstellen zu müssen. Je nach Tier-Klasse bzw. Aufbau und Auswahl der Komponenten in einem Rechenzentrum ist dies durch fehlende Redundanzen nicht möglich. Hier sind Wartungsarbeiten mit Ausfallzeiten gleichzusetzen. Auch dieser Punkt findet in der Tier-Topologie Beachtung.
Wird von der Redundanz im Zusammenhang mit Rechenzentren oder Systemen gesprochen, meint man damit meist die Betriebsredundanz, oder auch N+1-Redundanz. Sie sagt aus, dass ein System aus N funktionsfähigen, im Betrieb befindlichen Einheiten und einer (+1) zusätzlichen passiven Einheit besteht, die Standby-Einheit genannt wird.
Zur Veranschaulichung nehmen wir die Klimatisierung eines Rechenzentrums: Es sind zum Beispiel zwei (N) aktive Klimaanlagen-Einheiten vorhanden, die zur Kühlung einer Technikfläche eingesetzt werden. Zusätzlich sind eine dritte und vierte Standby-Einheit vorhanden, die ihren Dienst sofort aufnehmen, sollte eine der aktiven Klimaanlagen für eine Wartung abgeschaltet werden oder ausfallen. Ein solches Szenario würde als N+2 bezeichnet werden.
Darüber hinaus hat die Tier-Topologie auch Vorgaben für die Anzahl der Versorgungswege der einzelnen Komponenten festgelegt. Konkret heißt dies, dass die komplette Infrastruktur zur Stromversorgung in einem Tier III oder IV Rechenzentrum zweifach vorhanden sein muss.
Die nachfolgende Tabelle veranschaulicht die mindestens vorhanden Redundanzen je Tier-Klasse:
Tier | Komponenten | Versorgungswege |
---|---|---|
I | 1 | 1 |
II | N+1 | 1 |
III | N+1 | N+1 (1 aktiv, 1 passiv) |
IV | 2x N+1 | 2 (aktiv/aktiv) |